Nagarjuna: Wahrheit ist, was anderen Wesen hilft

Wahrheit ist, was anderen Wesen hilft.
Und so ist Falschheit das, was nicht hilfreich ist.


Nagarjuna

Über Nagarjuna, mehr Zitate von Nagarjuna (8)

Quelle: Nagarjuna: Nagarjunas Juwelenkette, Jeffrey Hopkins, Hrsg.,, Hugendubel, Kreuzlingen/München 2006, S. 179 (Nr. 135), ISBN: 3720527549

Bewertungen insgesamt:
4.38/5 (21)

Bewertungen

✉ Dieses Zitat versenden

    (Hinweis: Ihre Daten sind nur für Sie selbst und den Empfänger einsehbar.)

    * = Pflichtfeld

    1 Interpretationen zu “Wahrheit ist, was anderen Wesen hilft

    1. Thomas Fürniß im November 2010

      Hilft Wahrheit wirklich anderen Wesen? Kann wirklich von einer Hilfe der Wahrheit gegenüber anderen Wesen ausgegangen werden? Wenn etwas etwas anderem hilft, dann ist da eine Trennung zwischen etwas und etwas anderem. Solange der Mensch von Wahrheit getrennt ist, erscheint ihm die Wahrheit vielleicht erstrebenswert und er hofft, dass die Wahrheit ihm helfen könnte ein gutes, wahres, schönes Leben zu führen. Ist der Mensch aber von Wahrheit getrennt, wenn er Wahrheit gewahrt? Ist da nicht einfach Wahrheit ohne Trennung? Ist es nicht ein Ausdruck von Wahrheit, dass es keine Trennung aufweist und nicht geteilt ist, sondern ungeteilt, ganz, rein, vollständig und vollkommen? Und wenn der menschliche Geist von Wahrheit getrennt ist, wie kann er erkennen, dass sie hilfreich sein soll? Ist dies dann nicht der Ausdruck seiner bloßen Hoffnung und Erwartung?

      Der Mensch, solange er leidet, erhofft sich Hilfe. Doch der Mensch der Wahrheit erhofft nicht mehr Hilfe von etwas anderem als ihm selbst in geistig-seelischen Dingen. Bedeutet der Wahrheit gewahr zu sein, nicht, dass der Mensch nicht mehr zukunftsbezogen hofft, sondern in der Gegenwart lebt und liebt und daher nicht auf geistig-seelische Hilfe wartet, weil er keiner Hilfe bedarf in geistig-seelischen Dingen? Wahrheit bedeutet doch, dass der Mensch, der Wahrheit gewahr ist, geistig-seelisch für sich selbst steht und stehen kann, er frei ist von inneren Stützen, frei ist von Dogmen und bloßen Glaubenssätzen, frei ist von der Meinung anderer, weil er unabhängig zu denken, zu fühlen und zu handeln versteht und daher frei ist zu leben und zu lieben.

      Vor allem: Wie sollte der Mensch wissen, was Wahrheit ist? Und wie sollte er Falschheit erkennen? Und wie die Falschheit von der Wahrheit unterscheiden und umgekehrt? Wie kann er wissen und erkennen, dass etwas, das ihm erscheint, Wahrheit ist oder Falschheit? Wie sollte er dies unterscheiden können, solange er von Wahrheit getrennt ist und leidet? Und wie sollte er die Falschheit erkennen, die ihm vielleicht begegnet, wenn er getrennt von Wahrheit ist und noch Hilfe von Wahrheit erhofft und er daher in Gefahr steht selbst falsch zu sein, selbst in Falschheit zu leben? Die meisten Menschen wissen doch gar nicht was Wahrheit ist, weil sie leiden und die Welt entzünden, wie sollten sie unterscheiden können ob das Eine hilft und das andere nicht? Was heißt Hilfe? Für wen und wozu?

      Wenn aber Wahrheit und Falschheit nicht wirklich erkannt sind, weil von dem Einen noch Hilfe erhofft und erwartet wird und das Andere verworfen werden würde, wie sollte da davon ausgegangen werden, dass die Eine hilfreich und die Andere nicht hilfreich ist? Nur wer denkt, Wahrheit sei erstrebenswert und von der Wahrheit getrennt ist, wer Wahrheit als bloße Idee sieht und nicht als wirklich lebendig verwirklicht sieht, erhofft sich Hilfe von dem, was er Wahrheit nennt, er erhofft sich Hilfe von Ideen, Sätzen, Glauben, Ideen und Dogmen aller Art. Doch er ist getrennt von Wahrheit, wie will er also wissen, dass Wahrheit hilft und Falschheit nicht?

      Helfen heißt unterstützen. Wer innerlich, geistig-seelisch frei ist, bedarf keiner innerlichen, geistig-seelischen Unterstützung, denn er ist frei, steht frei für sich selbst. Und wer innerlich, geistig-seelisch frei ist gewahrt die Wahrheit nicht als Hilfe, doch auch nicht als Hindernis. Wahrheit erscheint nur dem als eine Hilfe und Unterstützung, der von der Wahrheit getrennt ist, weil er von der Wahrheit noch Hilfe und Unterstützung erwartet und erhofft. So ist seine Erwartung und Hoffnung das, was ihm ein Bild der Wahrheit und Falschheit gibt, er ist in einem Bild der Wahrheit und Falschheit gefangen, und das Bild der Wahrheit ist selbst Falschheit. Und da er gefangen ist, ist er nicht frei und erhofft und erwartet Hilfe.

      Wahrheit hilft nicht, aber Wahrheit ist auch kein Hindernis. Und Falschheit kann nur dem nicht helfen, der bereits glaubt zu wissen was Wahrheit und Falschheit ist, er befindet sich vielmehr in der Dualität von wahr-falsch und damit selbst in einer Art Falschheit. Wenn der Mensch versteht zu leben und zu lernen, kann er auch von Falschheit lernen, nicht indem er sich von Falschheit belehren lässt, sondern indem er in Wahrheit gegründet das Wahre im Falschen erkennt und er keine Trennung einführt, sondern dem Wahren im Falschen mit Liebe und Mitgefühl begegnet.

      Wieso sollte Wahrheit anderen Wesen helfen, wenn Wahrheit nicht unterscheidet und nicht getrennt ist in „Ich“ und „Andere“? Und wieso sollte Falschheit nicht wirklich hilfreich sein, wenn (ohne pessimistisch zu sein) die Falschheit der Menschen doch eine Wahrheit über die Welt ist?

    Wenn Sie ein Zitat interpretieren möchten, können Sie mir Ihren Text gern über das Kontaktformular zukommen lassen. Die Anzahl der Wörter sollte circa 300 bis 600 betragen. Der Text sollte vor allem inhaltlich auf das Zitat Bezug nehmen und nicht nur Ihre Meinung zu dem angesprochenen Thema beinhalten. Andreas Tenzer.