Andreas Tenzer: Besitzgier: Man will besitzen und wird besessen.
Man will besitzen und wird besessen.
Andreas Tenzer
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Quelle: Andreas Tenzer in: Ursula Klodt-Keune, Dunkle Seiten über Kankara, epubli GmbH, Berlin 2015, ISBN: 3844279768
Übersetzung
englisch:
Wanting to possess, you get possessed.
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Als ich dieses Zitat zum ersten Mal las, war die Weltfinanzkrise 2008 in aller Munde. Zunächst dachte ich, das Zitat sei ein Kommentar zu diesem Thema, doch dann wurde mir klar, dass es hier um eine fundamentale Daseinsweise menschlicher Existenz geht (angedeutet durch das unpersönliche «Man» am Anfang).
Der Gedanke ist gewiss nicht neu, doch mir gefällt die Prägnanz, mit der hier auf den Punkt gebracht wird, was die Menschheitsgeschichte wesentlich ausmacht. Man muss kein Skeptiker sein, um das so zu sehen. Es reicht völlig aus, von der Geschichte der Menschheit alles abzuziehen, was mit dem Besitzenwollen und der daraus resultierenden Besessenheit zusammenhängt. Was bliebe dann noch übrig?
Alliterationen sind oft konstruiert und künstlich. Hier erscheinen mir aber beide als natürlich, weil ich zu keinem einzelnen Wort eine sinnvolle Alternative sehe. „Will“ steht für das, was der Mensch erreichen will und „wird“ für das, was er tatsächlich erreichen wird. Und das ist das genaue Gegenteil dessen, was er beabsichtigt und sich gewünscht hat.
Die akausale Verknüpfung („und“) von Besitzenwollen und Besessenwerden erscheint mir konsequent, denn der Zusammenhang zwischen beiden ist den meisten Menschen offenbar nicht klar – sonst würden sie sich wahrscheinlich anders verhalten.
Die doppelte Bedeutung des Wortes „besessen“ verleiht der Aussage eine zusätzliche Dimension: Das Streben nach Besitz macht das Subjekt zunächst zum Objekt des Besitzes, was eine dialektische Umkehrung des Besitzverhältnisses bedeutet. Da das Streben unausweichlich zum Gegenteil dessen führt, was man will, wird schließlich immer verbissener nach Besitz gejagt, was zwangsläufig zur Besessenheit führt. Opfer dieses fatalen Teufelskreises sind Mensch und Natur gleichermaßen.
Auch wenn die Aussage des Zitats zeitlos ist, so beschreibt es in meinen Augen doch im besonderen das Dilemma, in dem sich die Erde und seine Bewohner am Beginn des dritten Jahrtausends befinden.