Kurzbiografie Heraklit
* 550 v. Chr. im ionischen Ephesos – † 480 v. Chr. an unbekanntem Ort
Der griechische Philosoph Heraklit glaubte an einen ständigen Wandel aller Erscheinungsformen im Universum. Ihm wird der berühmte Satz zugeschrieben Panta rhei = „Alles fließt“. Dieser Fluss wird nach Heraklits Vorstellung in Gang gehalten durch polare Kräfte, durch Gegensätze wie Tag und Nacht, Gesundheit und Krankheit oder Krieg und Frieden.
Ähnlich wie Yin und Yang als Grundprinzipien der alten chinesischen Philosophie, deren Wurzeln bis ins zweite vorchristliche Jahrtausend zurückreichen – wie zum Beispiel im Taoismus – sind die Gegensätze ineinander verschränkt und basieren auf einer verborgenen, unwandelbaren Ureinheit, die Heraklit als Logos bezeichnet und die im Taoismus Tao genannt wird. In der Welt der Erscheinungen manifestiert sich diese Einheit bei Heraklit als ein kontinuierlicher Prozess des Werdens und des Wandels. Zwar kann niemand den Logos oder das Tao in seiner Ganzheit erfassen, jedoch sind die Prinzipien der unwandelbaren Einheit für den dialektisch denkenden Menschen erfahrbar.
Hinsichtlich der Konsequenzen, die sich aus diesen Erfahrungen ergeben, zeigen sich weitere Parallelen zwischen Heraklit und dem Taoismus. Ersterer sieht in der Unterwerfung unter die Gesetze des Logos die einzige vernünftige Lebensführung, während im Taoismus der Weise daran zu erkennen ist, dass er sich stets bemüht, im Einklang mit dem Tao zu handeln.
Um dies zu können, ist nur eine wesentliche Voraussetzung erforderlich: sich vom Eigensinn befreien und so dem Sinn des Ganzen – dem Logos, dem Tao, oder wie immer man auch die universelle Einheit bezeichnen möchte – in jedem Augenblick Raum zur Gestaltung geben. Diese, beiden Richtungen gemeinsame, einfache Weisheit erklärt, warum weder Heraklit noch die Taoisten eine komplexe allgemein verbindliche Moral entwickelt haben.
Zu den Philosophen, die in besonderem Maße von Heraklit beeinflusst wurden, zählen Hegel, mit seiner Weiterentwicklung der dialektischen Methode, Nietzsche, in der Ablehnung einer allgemein verbindlichen Moral und schließlich Heideggers Existenzphilosophie.
Heraklits Philosophie weist ebenso große Übereinstimmungen auf mit den Mystikern – auch wenn die meisten von ihnen statt Logos den Begriff Gott verwenden – sowie mit den philosophischen Implikationen der Quantenphysik.