Kurzbiografie Wilhelm Busch
* 15.4.1832 in Wiedensahl bei Hannover – † 9.1.1908 in Mechthausen im Harz
Wie ist es zu erklären, dass der berühmte, weltbekannte Schriftsteller, Lyriker, Maler und Karikaturist Wilhelm Busch trotz seiner Beliebtheit auch 100 Jahre nach seinem Tod immer noch zu den am meisten missverstandenen Autoren zählt? Im 19. und 20. Jahrhundert wurde er von denselben Biedermännern und Spießbürgern verehrt, die er auf so geniale Weise aufs Korn genommen hat. Noch heute rümpfen viele Intellektuelle die Nase über ihn, weil sie geistreich pointierte Einfachheit mit Trivialität verwechseln.
Wilhelm Buschs aphoristischer Scharfsinn zeigt sich nicht nur in seinen Texten, sondern in mindestens ebenso brillanter Form auch in seinen Karikaturen. Karikieren bedeutet – vom italienischen caricare = übertrieben komisch darstellen abgeleitet -, das Wesentliche einer Sache oder eines Lebewesens mittels Übertreibung sichtbar zu machen. Dies ist Wilhelm Busch in einzigartiger Weise gelungen. Schon als Kind haben seine Zeichnungen in mir eine Serie von Aha-Erlebnissen in Gang gesetzt. Stets hatte ich das Gefühl, die karikierten Personen und Tiere bis in die tiefsten Winkel ihrer Seele unmittelbar zu erfassen und intuitiv zu durchschauen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Nach eigenen Angaben wurde Wilhelm Busch philosophisch vor allem von Charles Darwin und Arthur Schopenhauer inspiriert. Auch wenn darüber nichts überliefert ist, würde es mich wundern, wenn er nicht ebenso mit dem Werk Nietzsches vertraut gewesen ist. Jedenfalls sind die Parallelen in puncto Entlarvung von Moral und menschlichen Schwächen unverkennbar, auch wenn beide sich unterschiedlicher Stilmittel bedient haben. Angesichts dessen und der im Vergleich zu Nietzsche hohen Popularität des Autors könnte man in Versuchung geraten, in Wilhelm Busch den Nietzsche fürs Volk zu sehen.
Wie die Busch-Zitate in dieser Sammlung belegen, wäre dies aber eine Fehlinterpretation. Zwar war dem Intellektuellen, der Wilhelm Busch auch war, offenbar an Volksaufklärung gelegen, doch ist er von niemandem so gründlich missverstanden worden wie vom gemeinen Volk, das seine bissig-ironische Entlarvung der bürgerlichen Moral teils ignorierte und teils als eine Lobeshymne auf dieselbe uminterpretierte. Lediglich die als Kinder gefährdend eingestuften Geschichten von Max und Moritz wurden auf den Index gesetzt.
Eine ganz andere Seite des Autors wird noch heute weitgehend ignoriert. Wilhelm Busch war nicht nur ein tiefgründiger Denker mit psychologischem Spürsinn für sämtliche Facetten menschlichen Seins und Scheins, sondern auch ein spiritueller Mensch, was vor allem seine Briefe belegen wie auch das folgende Gedicht:
Mein Lebenslauf
Mein Lebenslauf ist bald erzählt,
In stiller Ewigkeit verloren
Schlief ich, und nichts hat mir gefehlt,
Bis daß ich sichtbar ward geboren.
Was aber nun? – Auf schwachen Krücken,
Ein leichtes Bündel auf dem Rücken,
Bin ich getrost dahingeholpert,
Bin über manchen Stein gestolpert,
Mitunter grad, mitunter krumm,
Und schließlich mußt ich mich verschnaufen.
Bedenklich rieb ich meine Glatze
Und sah mich in der Gegend um.
O weh! Ich war im Kreis gelaufen,
Stand wiederum am alten Platze,
Und vor mir dehnt sich lang und breit,
Wie ehedem, die Ewigkeit.
Neben Zitaten mit philosophischem und spirituellem Hintergrund finden Sie in dieser Sammlung auch eine Auswahl von Sprüchen und Lebensweisheiten des Humoristen und Psychologen Wilhelm Busch. Sollten Sie Lust auf mehr verspüren, empfehle ich Ihnen das Buch Wilhelm Busch – Spruchweisheiten und Gedichte, das die bunten Facetten des Autors in einer gelungenen Auswahl widerspiegelt.
Zu zwei Zitaten von Wilhelm Busch liegen auf dieser Website Interpretationen vor.