Kurzbiografie von Emanuel Swedenborg
*29.1.1688 in Stockholm – †29.3.1772 in London
Der 7. April 1744 markierte einen radikalen Einschnitt in Swedenborgs Leben, der zu diesem Zeitpunkt über die Landesgrenzen hinaus ein renommierter Mathematiker und Naturwissenschaftler war. Während eines dreijährigen Aufenthalts in London, von 1710 bis 1713, hatte Swedenborg die Schriften Newtons studiert, der ihn persönlich beeindruckte und dessen mechanistisches Weltbild er sich weitgehend zu eigen machte.
Im April 1744 hielt sich Swedenborg in Den Haag auf, wo er eine Vision hatte, die aus dem nüchternen Wissenschaftler einen umstrittenen Mystiker machte. In einem seiner Hauptwerke Himmel und Hölle berichtet der Autor ausführlich über seine Einblicke in jenseitige Dimensionen, die er nach eigenem Bekunden wesentlich seinen Dialogen mit Engeln verdanke. Obwohl Swedenborg betonte, er habe seine Visionen in einem klaren und wachen Geisteszustand empfangen, wurde er von vielen Zeitgenossen, darunter Immanuel Kant, schlichtweg für verrückt erklärt.
In der Tat ist Swedenborgs rationalistische Mystik gleichermaßen eine Zumutung für klassische Rationalisten wie Mystiker. Sie stellt den Versuch dar, das Unbeschreibliche in Worte zu fassen und darüber hinaus in ein rationales System zu pressen. Hier zeigt sich, dass Swedenborg auch als Mystiker noch dem mechanistischen Weltbild seiner Zeit anhaftete. Sieht man aber über die teilweise zwanghaften Systematisierungsversuche hinweg und hält man dem Autor zugute, dass er seine Darstellungen symbolisch verstanden wissen wollte, dann bleiben eine Reihe von Beschreibungen und Reflexionen übrig, die erkennen lassen, wie tief er in die Wirklichkeit hinter der Wirklichkeit geblickt hat.
Als Beleg dafür möge eine Textstelle aus Robert Musils Der Mann ohne Eigenschaften dienen, der Swedenborg wie folgt zitiert:
«Wenn auch der Himmel ebenso wie die Welt, einer Folge wechselnder Ereignisse unterworfen ist, so fehlt doch den Engeln jeder Begriff und jede Vorstellung von Raum und Zeit. Obwohl sich auch bei ihnen alle Vorgänge nacheinander abspielen, in völliger Übereinstimmung mit der Welt, wissen sie nicht, was Zeit bedeutet, weil im Himmel weder Jahre noch Tage, sondern Zustandsänderungen herrschen. Wo Jahre und Tage sind, herrschen Zeiten, wo Zustandsänderungen sind, Zustände.» a.a.O. S. 1202
Die Liste der Autoren, die Swedenborg beeinflusst hat, ist lang. Zu den bedeutendsten zählen: Johann Wolfgang von Goethe, William Blake, Friedrich Schlegel, Ralph Waldo Emerson, Fjodor Dostojewski, Franz Werfel, Robert Musil, August Strindberg, Paul Gaugin, Joseph Beuys.