Hegel: G.W.F. Hegel: Vertrauen als doppelte Selbstgewissheit

Wem ich vertraue, dessen Gewissheit seiner selbst, ist mir die Gewissheit meiner selbst.


Hegel

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Quelle: G. W. F. Hegel: Phänomenologie des Geistes, Ullstein, Frankfurt/M u. a., 1970, S. 308, ISBN: 3518282034

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    1 Interpretationen zu “G.W.F. Hegel: Vertrauen als doppelte Selbstgewissheit

    1. Thomas Fürniß im August 2010

      Wem kann der Mensch vertrauen? Und was ist Vertrauen? – Wer sieht und empfindet was Vertrauen ist, vertraut sich selbst am meisten und er vertraut sich selbst unbedingt. Ist nicht Vertrauen, das in andere gelegt wird, Vertrauen, das immer enttäuscht werden kann, früher oder später? Gibt es daher überhaupt eine Gewissheit, die sich im anderen findet? Gewissheit, die ein anderer Ausdruck für Vertrauen sein kann, kann der Mensch im Grunde nur in sich selbst, bei sich selbst, als er selbst, „finden“. Wenn der Mensch aber Vertrauen und damit Gewissheit seiner selbst „gefunden“ hat, was ist dann, was bedeutet dies dann? Was bedeutet es, sich selbst wirklich zu vertrauen und daher in einer Gewissheit zu leben, die nicht festhaltende Sicherheit ist, sondern ein Leben in Vertrauen von Augenblick zu Augenblick, ein Selbstvertrauen, ein Sich-selbst-ins-Leben-trauen?

      Der Mensch, der in Gewissheit und Vertrauen lebt, ist nicht vom anderen getrennt, sieht sich nicht vom anderen verschieden, er trennt sich nicht vom anderen, er ist Eins mit allem und allen. Daher ist ein Vertrauen sich selbst gegenüber mit einer Gewissheit verbunden, die sich nicht trennt, was bedeutet, dass die angenommene Gewissheit eines anderen, der eigenen Gewissheit entspricht, sie trennen sich nicht, es ist nicht Widerstand, nicht Hindernis, nicht Abstand da, sondern Berührung in Vertrauen als Eines.

      Der Mensch kann nur sich selbst vertrauen, ohne enttäuscht zu werden, weil dieses Vertrauen Gewissheit ist. Wenn er in diesem Vertrauen nicht von anderen verschieden ist, kann er auch anderen vertrauen, ohne von ihnen schmerzlich enttäuscht zu werden oder auf ihr Vertrauen angewiesen zu sein (er ist geistig-seelisch unabhängig). Was sollte enttäuscht werden können, das nicht Erwartung ist, von der gefordert wird, dass sie der andere erfüllt? (Wer fordert ist nicht unabhängig, sondern angewiesen auf andere.) Wo nicht Erwartung ist, kann nicht enttäuscht werden, daher bedeutet Vertrauen und Selbstvertrauen, ohne Erwartung zu sein (sowohl mit sich selbst als auch mit anderen).

      Vertrauen kann nur Vertrauen vertrauen, Misstrauen kann nicht vertrauen. Und dem Misstrauen kann der sich selbst vertrauende Mensch nicht Vertrauen schenken (es kommt nicht beim Misstrauen an), weil Misstrauen Vertrauen nicht achtet und nicht verstehen kann, nicht sehen kann und nicht spüren kann, weil Misstrauen Unsicherheit ist und damit die Abwesenheit von Gewissheit, Misstrauen kann das Geschenk des Vertrauens nicht annehmen, weil Misstrauen dem Vertrauen misstraut, Misstrauen kann mit Vertrauen nichts anfangen. Misstrauen ist einfach Misstrauen, das von Vertrauen getrennt ist und damit von Gewissheit. Daher ist nur in Gewissheit (von Augenblick zu Augenblick) Vertrauen möglich, und nur wer sich selbst gewiss ist, kann das vorhandene Gewisssein des anderen spüren, sehen, achten und würdigen.

      Wem „Ich“ also vertraue, das bin „Ich“ selbst, und die Gewissheit „meiner selbst“ findet sich in der Gewissheit eines anderen (so sie vorhanden ist), und dann ist niemand vom anderen getrennt, dann ist Berührung in Vertrauen die Freude im friedlichen Austausch mit der Welt. – Dies ist zu erleben, dies ist zu beobachten, dies ist keine Theorie, dies ist gelebte Wirklichkeit.

    Wenn Sie ein Zitat interpretieren möchten, können Sie mir Ihren Text gern über das Kontaktformular zukommen lassen. Die Anzahl der Wörter sollte circa 300 bis 600 betragen. Der Text sollte vor allem inhaltlich auf das Zitat Bezug nehmen und nicht nur Ihre Meinung zu dem angesprochenen Thema beinhalten. Andreas Tenzer.