Hegel

Zitate von Hegel (40)

G.W.F. Hegel

Georg Wilhelm Friedrich Hegel – Kurze Biografie

* 27.8.1780 in Stuttgart – † 14.11.1831 in Berlin

Kaum ein anderer Denker ist so kontrovers interpretiert worden wie dieser bedeutende deutsche Philosoph. Seine philosophischen Abhandlungen gehören zu den dunkelsten und schwer verständlichsten Texten, die je geschrieben wurden. So ist es nicht verwunderlich, dass manche in ihm einen preußischen Reaktionär sehen, während andere ihn als einen Sozialreformer oder gar Mystiker verstehen.

Hegel hat immer den Prozesscharakter des Lebens in Natur und Geschichte betont. Der Sinn erschließe sich uns erst am Ende, wenn ein Prozess zum Abschluss gekommen ist: «Die Eule der Minerva beginnt erst mit der einbrechenden Dämmerung ihren Flug». Als Philosophie des Werdens weist Hegels System Parallelen zu Heraklits Lehre vom Fluss aller Dinge – panta rhei – auf.

In einem wesentlichen Punkt ging Hegel jedoch über die Philosophie des Heraklit hinaus. Er entwickelte den dialektischen Ansatz des alten Griechen weiter zu einem dialektischen Dreischritt von These, Antithese und Synthese, womit er das universelle Gesetz gefunden zu haben glaubte, nach dem sich alles Leben in Geist und Natur organisiert. In der Synthese sah Hegel jeweils die höhere Einheit, in der die dualen Kräfte von These und Antithese in dreifachem Sinne aufgehoben seien: erstens im Sinne von bewahrt; zweitens im Sinne von abgeschafft und drittens im Sinne von auf eine höhere Ebene befördert.

Konsequenterweise führte Hegels dialektische Methode zu einer teleologischen Deutung des Weltprozesses, das heißt zu dem Gedanken, dass die Welt auf ein Endziel zusteuere. Geschichte sieht Hegel als «Auslegung des Geistes in der Zeit», und das Ende des Weltprozesses sei das Bei-sich-sein des Geistes als letzte Synthese. Auf dem Weg dorthin gilt: «Was vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, das ist vernünftig.» Dieser Satz ist von Kritikern verstanden worden als absolute Rechtfertigung aller Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten in der Welt. In diesen sieht Hegel jedoch nur Momentaufnahmen, deren Vernünftigkeit sich erst am Ende zeige: «Das Wahre ist das Ganze.»

Dass sich die staatstragenden preußischen Kronphilosophen ebenso auf Hegel beriefen wie die Revolutionäre Marx und Engels ist insofern nicht verwunderlich, als man – unter Berufung auf Hegel – die reaktionären Verhältnisse in Europa nach dem Wiener Kongress sowohl als Manifestation des vernünftigen Weltgeistes betrachten konnte, als auch als die Wirklichkeit, die im dialektischen Sinne eine aufzuhebende war.

Die Idee von der Wirklichkeit des Vernünftigen und der Vernünftigkeit des Wirklichen kennen wir unter anderem aus dem Taoismus – zum Beispiel aus dem Tao te king des Laotse – und dem Hinduismus, zum Beispiel aus der Bhagavad-Gita. Wenn Letztere viele von uns heute mehr ansprechen als Hegels Philosophie, liegt es vielleicht daran, dass der preußische Staatsphilosoph sich zu wenig von den reaktionären Verhältnissen distanzieren wollte oder konnte, in denen sich der Weltgeist zu seinen Lebzeiten präsentierte.